Stell dir vor, Wissen wäre ein Gebäude. Im klassischen Modell wäre es ein Wolkenkratzer: Daten im Erdgeschoss, darüber Informationen, dann Wissen und ganz oben, einsam und erhaben, die Weisheit. Aber was, wenn Wissen kein Wolkenkratzer, sondern ein lebendiges, pulsierendes Netzwerk wäre? Willkommen in der Welt des Weisheits-Nexus!
DIKW-Pyramide... ein klassische Modell
Es gibt das sogenannte DIKW-Modell12 (Data, Information, Knowledge, Wisdom). An seiner Basis findest du Daten, die Quelle alles Wissens - in meinem Beispiel hier... einzelne Fakten, Zahlen und Buchstaben. Darüber liegen die Informationen, die nichts anderes sind als Daten mit Kontext, vergleichbar mit möglichen Wörtern. Die nächste Stufe bildet das Wissen, das angewandte Informationen darstellt, mögliche Sätze die sich aus Worten bilden lassen. An der Spitze thront schließlich die Weisheit, der Heilige Gral. In diesem Beispiel hier z.B. ein tiefsinniger Haiku.
Die DIKW-Pyramide kann tiefes Verständnis und die Fähigkeit, Wissen situationsgerecht anzuwenden, ermöglichen. Ein schönes Modell, oft im Rahmen von Knowledge-Management genutzt, für meine systemische Perspektive allerdings ein wenig zu statisch im Hinblick auf eine sich ständig ändernden, dynamischen Welt?
Die Netzwerk-Revolution: Der Weisheits-Nexus
Hier kommt meine Idee des Weisheits-Nexus ins Spiel. Stell dir vor, die verschiedenen Ebenen des Wissens sind nicht übereinander gestapelt, sondern bilden ein komplexes, miteinander verwobenes Netzwerk. In diesem Modell fließt das Wissen nicht nur in eine Richtung, sondern pulsiert durch das gesamte System. Weisheit kann zu neuen Daten oder Informationen führen, die dann wiederum neue Informationen generieren. Dieser Nexus ist nicht isoliert, sondern Eingebettet in deinem Mitfeld - und bereichert nicht nur dich, sondern Alle. Somit ist der Weisheits-Nexus ein dynamischer Fluss, der die Realität des Verstehens und der Kompetenz-, Wissens- und Sinn-entwicklung im globalen Kontext (aus Systemischer Sicht) viel besser abbildet.
Innerhalb dieses Wissensnetzes existieren Knotenpunkte, die als Filter fungieren. Ein Systemiker würde sagen - die Anschlussfähigkeit, andere würden es Bias, Wertesysteme etc. nennen: Somit wird nicht jeder Datenschnipsel zur Information, nicht jede Information zu Wissen. Diese Filterfunktion hilft, relevante von irrelevanten Informationen zu unterscheiden - eine Fähigkeit, die in unserer informationsüberfluteten Welt immer wichtiger wird.
Der Übergang von Informationen zu Wissen geschieht wie in der Grundidee durch Kontextualisierung. Es ist der Unterschied zwischen der bloßen Zahl "42" und dem Verständnis, dass "42 die Antwort auf alles ist" (zumindest im "Per Anhalter durch die Galaxis"). Kontext gibt Informationen Bedeutung und verwandelt sie in anwendbares Wissen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Zeitfaktor. Wissen braucht Zeit zum Reifen, ähnlich wie ein guter Wein. Je mehr Erfahrungen du sammelst und je öfter du dein Wissen anwendest, desto tiefer und nuancierter wird dein Verständnis. Auf der anderen Seite erodieren Daten, Informationen in unser heutigen Welt schnell und es bedarf des kontinuierlichen Abgleichens.
Schließlich führt der Weg zur Weisheit über Integration. Es geht darum, das große Ganze zu sehen und nicht nur die einzelnen Knotenpunkte. Weisheit entsteht, wenn du in der Lage bist, die Verbindungen in deinem Wissensnetz ganzheitlich zu betrachten, Muster zu erkennen und tiefgreifende Einsichten zu gewinnen, die vielleicht ine Meta-Struktur der Dinge enthüllen kann.
Wie passt das Modell in das Leben?
Beispiel: Nehmen wir mal an, du erhältst eine E-Mail mit Verkaufszahlen. Das sind deine Rohdaten. Dein erster Schritt ist, zu entscheiden, welche dieser Zahlen für dich relevant sind - hier kommt deine persönliche Perspektive als Filter ins Spiel. Die gefilterten Daten verknüpfst du dann mit früheren Verkäufen, wodurch neue Informationsverbindungen entstehen. Indem du diese Informationen jetzt durch gesammelte Erfahrungen in einen größeren Kontext setzt, entwickelst du Wissen. Über Monate hinweg sammelst Erfahrungen und lässt deinem Wissensnetz Zeit, neue Verbindungen zu knüpfen. Mit der Zeit entwickelst du vielleicht die Fähigkeit, Trends vorherzusagen und proaktiv zu handeln, statt nur zu reagieren - du erreichst die Ebene der Weisheit.
Ich möchte hier jetzt nicht in die Tiefe tauchen: In der Betrachtuner der aktuelle Diskussion (2024) über Große KI Sprachmodelle kann das Modell ebenfalls spannende Perspektiven eröffnen: KI kann zwar beeindruckende Analysen und Vorhersagen treffen, aber echtes Verständnis und Weisheit bleiben (wohl) vorerst eine menschliche Domäne. Vielleicht liegt im Zusammenspiel eines Mensch-KI-Nexus ein Schlüssel zu bisher ungeahnten Erkenntnissen und Lösungen für komplexe globale Herausforderungen oder auch in der Überflutung unserer Kanäle mit Daten / Informationen... We will see.
Validität und Erodierung im Weisheits-Nexus in Raum und Zeit
In einer Welt, die sich mit atemberaubender Geschwindigkeit verändert, ist die Gültigkeit von Daten, Informationen, deines Wissens und sogar deiner Weisheit einem ständigen Wandel unterworfen.
Daten, die gestern noch relevant waren, könnten heute schon veraltet sein. Informationen, die du für gesichert hieltest, werden plötzlich durch neue Erkenntnisse in Frage gestellt. Selbst dein hart erarbeitetes Wissen und deine sorgsam kultivierte Weisheit können durch bahnbrechende Entdeckungen oder gesellschaftliche Veränderungen erschüttert werden.
Diese ständige Erodierung und Erneuerung deines Wissensnetzes mag zunächst beunruhigend und anstrengend erscheinen. Doch sie kann der Schlüssel zu deinem kontinuierlichen Wachstum und Anpassungsfähigkeit
Es ist hilfreich offen zu bleiben und sich zu fragen: Sind diese Daten noch aktuell? Ist diese Information im heutigen Kontext noch relevant? Hält dieses Wissen den neuesten Erkenntnissen stand? Und selbst bei deiner Weisheit solltest du dich fragen: Ist diese Einsicht in unserer sich wandelnden Welt noch gültig?
Fazit: Warum der Nexus besser ist als der Wolkenkratzer
Der Weisheits-Nexus kann dich daran erinnern, dass Lernen und Wissen keine Einbahnstraße sind. Vielleicht ermutigt er dich, flexibel und offen zu denken, Zusammenhänge zu erkennen und dein Wissensnetz ständig zu erweitern und neu zu verknüpfen und zu überprüfen. Im Arbeitsleben bedeutet das, dass du neugierig bleibst und jede neue Information als potenziellen Knotenpunkt für tieferes Verständnis betrachtest. Du solltest deinem inneren Wissensnetz Zeit geben, neue Verbindungen zu knüpfen, und verstehen, dass tiefgreifendes Verständnis nicht über Nacht entsteht.
Gleichzeitig ermutigt dich das Nexus-Modell, dein Wissen zu teilen. Im Weisheits-Nexus gibt es keine isolierten Punkte, und oft führt der Akt des Teilens zu neuen Verknüpfungen und Perspektiven. Schließlich solltest du offen für neue Verbindungen in deinem Netz bleiben. Was heute als feste Weisheitsverbindung gilt, könnte morgen schon durch neue Erkenntnisse ergänzt oder verändert werden.
- DIKW-Pyramiden Modell (https://en.wikipedia.org/wiki/DIKW_pyramid) ↩︎
- Obwohl das Modell oft mit Forschern wie Russell Ackoff und Milan Zeleny in Verbindung gebracht wird, hat keiner von ihnen eine Pyramide verwendet, um ihre Ideen zu präsentieren. Es wird angenommen, dass Debons und Kollegen möglicherweise die ersten waren, die die Hierarchie grafisch darstellten ↩︎